Das Berner Oberland ist schön. Dies steht ausser Frage. Nur: Ist es auch schön zum Biken? Wir finden es hier heraus.
Gut gestärkt und gemästet (wie Andrea's und Ornella's Schweine "Schnitzel 1" bis "Schnitzel 5") verlassen wir die grosse Scheidegg. Morgens ist das Wetter noch bescheiden, den fantastischen Bachalpsee sehen wir nur grau in grau. Doch die Wolken lichten sich und wenigstens von oben wird es trockner. Über einen tollen Wurzeltrail erreichen wir die Touristenhochburg Grindelwald (Tourendaten Bachalpsee). Zusammen mit den Rad-Teilnehmer des Inferno Triathlons erklimmen wir die kleine Scheidegg und werden ziemlich schnell zum Schlusslicht des Fahrradfeldes... Oben angekommen haben wir dafür Zeit, das atemberaubende Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau zu geniessen und müssen keiner Bestzeit hinterherjagen.
Ausgeschlafen treten wir am nächsten Morgen die Lauberhorn Abfahrt nach Wengen an. Über den Hundschopf springen? Nein danke! Auch die Minschkante gehen wir ruhig an. Doch weitaus gefährlicher als das, sind die unzähligen Kuhzäune mit Stacheldraht, Gatter und Tore, die immer wieder neue Taktiken verlangen, um sie zu durchqueren. Bikerfreundlich? Wohl kaum! (Tourendaten Lauberhorn).
Von Lauterbrunnen nehmen wir die Gondel mit einem ziemlich gepimpten Biketransport zur Grütschalp und folgen dem langen Panoramaweg Richtung Rotstockhütte und Sefinafurgga. Steile Strassen, Treppen, Schiebepassagen und die tollste Aussicht der Welt halten sich die Waage. Nach einem kühlen Bad im Gebirgsbach schlüpfen wir müde in unsere warmen Schlafsäcke.
Man könnte meinen, wenn frühmorgens die Sonne zwischen Eiger und Mönch aufgeht, kann nichts mehr die gute Laune trüben! Ausser vielleicht ein paar Treppen...
Die letzten Höhenmeter zur Sefinafurgga und die ersten wieder vom Pass runter gehen über steile Stufen. Ein ziemlich fragwürdiges Unterfangen, da nach erstem Trailspass der Weg zu einem verblockten Biest wird (Tourendaten Sefinafurgga). Doch die Landschaft ist wunderschön und wir sehen sogar ein paar Steingeissen, die sich unser freiwilliges Gemurkse verwundert ansehen.
Ab der Alp Gamchi geht es dann wieder bergauf. So steil, dass wir uns eine Treppe gwünscht hätten... Aber als diese nach 1000hm Biketragen doch noch kommt trennen uns immer noch 200 Höhenmeter von der gigantischen Aussicht auf den Blüemlisalpgletscher und vom Kuchen, den wir uns in der gleichnamigen SAC Hütte gönnen. Zum Downhill: 50% kann man fahren, 25% sind ein Murks und 25% schiebt man. Beim nächsten Mal lassen wir das Bike zu Hause (Tourendaten Blüemlisalp).
Von unserem Campspot können wir die schöne Abendstimmung über dem berühmten Oeschinensee geniessen. Das Bad heben wir uns für den nächsten Tag auf. Und gerade als wir zum Morgenschwumm ansetzten, poltern vom Doldenhorn 10000 Kubik Gestein zu Tal. Ein imposanter Anblick bei dem zum Glück niemand zu Schaden gekommen ist.
Mit viel Fussgängerverkehr erreichen wir Kandersteg, rollen nach Frutigen und verfluchen uns, dass wir für den Weg nach Adelboden statt der stetig steigenden neuen, die steile alte Strasse gewählt haben. Als Entschädigung finden wir bei Silvia (Joos älteste Schwester), Stefan und Salome gefüllte Vorratsschränke mit tausend Leckereien, ein wunderbarer Grillabend auf dem Balkon, ein weiches Bett und ein 5 Sterne Delux Frühstück. Wie im Schlaraffenland!
Nun sind wir bereit weiterzuziehen. Die Abfahrt vom Hahnenmoos nach Lenk ist, wie wir es bereits aus dem Berner Oberland gewöhnt sind, eher mässig (Tourendaten Hahnenmoos) Wiesentrails, noch mehr mühsame Viehgatter und einmal mehr Treppen... Ach wie freuen wir uns auf das Wallis!
Via Lenk machen wir uns auf zum Rawilpass. Nach einer Übernachtung bei der Iffigenalp nehmen wir den Anstieg, der um einiges weniger streng ist als gedacht, in Angriff. In der Ferne sehen wir die Wildstrubelhütte und auf der anderen Seite wartet die Aussicht auf die Mischabel Gruppe auf uns. Wir sind motiviert, denn wir wissen: der Downhill nach Sion via Lac Tseuzier und den Bisses (Wasserkanäle im Wallis) ist streng, abwechslungsreich und sehr lang (Tourdaten Rawilpass)!
In Sion quartieren wir uns für 2 Nächte am Baggersee Les Iles ein. Joos gönnt sich eine kurze Biketour ohne Gepäck zum Le Chatelard (Tourendaten Le Chatelard) und Tania geniesst die Pause am See. Der Platz ist perfekt: ein Bad im See, eine Toilette und ein perfekter Regenschutz für unser Zelt.
Weiter pedalieren wir nach la Tzoumaz, nehmen die Gondel bis zur Bergstation Savoleyres und fahren auf einem oben sehr schönen, gegen unten eher mässigen Trail via Verbier nach Le Chable (Tourdaten Verbier). Dort bringt uns die Seilbahn nach Mayens de Bruson. Bevor wir die Schweiz verlassen, wollen wir nämlich noch einen Stopp bei Guillaume und Audrey machen um Candide kennenzulernen. Wir geniessen die 2 Nächte im typischen Walliser Chalet, die Biketour mit Guillaume ohne Gepäck (Tourdaten Col du Lein) und die Gesellschaft von dem kleinen Candide, der gerade erst 3 Monate alt geworden ist.
Langsam aber sicher kommen wir zum Ende unseres Bikepacking Abenteuers in der Schweiz. Mit unserer nächsten Tour werden wir die Grenze zu Italien überschreiten und unsere Heimat für längere Zeit nicht mehr sehen. Wir können direkt bei Guillaume und Audrey weiterpedalieren. Unser Ziel heisst Col de Mille und wird zu einer mehr als würdigen letzten Biketour in der Schweiz (Tourdaten Col de Mille) . Die wunderschöne herbstliche Landschaft, die Aussicht auf den Grand Jorasse und der abwechslungsreiche Trail lassen uns nochmals wissen, wie schön es doch zu Hause ist. Von Liddes bringt uns das Postauto dann auf den Grossen St. Bernhard. Jetzt gibt es kein zurück mehr.
Wir ziehen weiter nach Italien, wo im Aostatal eine ganz besondere Überraschung auf uns wartet. Aber dazu mehr im nächsten Bericht.
Reisezeit: 20.8.2022-29.8.2022
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Andrea (Sonntag, 11 September 2022 20:30)
Natürlich bin ich etwas enttäuscht, dass Euch meine Heimat nicht begeistern konnte ;-)
Ich wünsche Euch eine spannende Weiterreise und freue mich schon auf den nächsten Bericht!