· 

26. DAVOS: WINTERFERIEN ZU HAUSE

Von Dezember 2023 bis April 2024 waren wir das erste Mal seit August 2022 sesshaft. Wie es uns gefällt, immer am gleichen Ort zu sein, und was wir im Winter so treiben, erfahrt ihr hier.

Bereits im September 2023 haben wir aufgrund der gegebenen Umständen entschieden, dass nur eine Überwinterung in Davos in Frage kommt. Es stellte sich nur die Frage, wo wir hausen werden und wie wir das finanziell verkraften können. Dass die Schweiz, insbesondere ein Wintersportort wie Davos, teuer ist, wissen wir ja schon. Ein Job musste also her. Glücklicherweise sind Arbeitskräfte in saisonabhängigen Orten immer gefragt und wir finden schnell eine geeignete Stelle. Ein 60% Pensum reicht knapp aus, um über die Runden zu kommen und trotzdem genug Zeit im Schnee verbringen zu können. Geld kommt also etwas rein, aber die noch brennendere Frage war, WO wohnen wir? Wohnraum in Davos ist leider extrem rar sowie kaum bezahlbar und das Zelt oder unser Röné aka Renault Kangoo sind uns im Winter dann doch etwas zu kalt... Wieder einmal haben wir riesiges Glück und dürfen die Wohnung von Scott, dem Sohn von Joos Cousine, komplett möbliert und zu einem super Preis befristet bis März 2024 übernehmen. Die tollen Nachbarn waren inklusive!

Aber wie ist es, nach so langer Zeit wieder zu arbeiten? Obwohl die Erinnerungen an Zentralasien und an den Vantrip durch Westeuropa noch immer präsent sind, hat uns der Alltagstrott viel zu schnell wieder eingeholt. Der geregelte Tagesablauf ist erst etwas gewöhnungsbedürftig. Doch solange es nur drei Tage die Woche sind, lässt sich dieses geregelte Leben ziemlich gut aushalten. Es bleibt ja immer noch mehr als genug Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben! Das heisst in unserem Fall: Ab in den Schnee! 

Was letzte Saison anscheinend auch in Davos Mangelware war, fällt im Dezember regelmässig und in grossen Mengen vom Himmel. Davos erhält bis zu Weihnachten Rekordschneemengen. Kaum waren wir Ende November zu Hause, hat unsere Tourensaison auch schon begonnen! Die weisse Pracht lässt erahnen, dass unsere Entscheidung, nach Hause zu kommen, in jeder Hinsicht die Richtige war. Denn es gibt nichts Besseres als dort zu Überwintern, wo es wirklich Winter ist und dafür vom Fahrrad auf das Snowboard zu wechseln. Nach den TRAILS geht es nun also weiter mit den LINES.

Bilder Touren im Dezmeber

Wir beenden unser sehr turbulentes Jahr 2023, das uns viele Hochs und Tiefs beschert hat, auf einem unserer Lieblingsgipfeln; dem Leidbachhorn. Hier gedenken wir in Stille John, der uns auf dem Pamir Highway (hier gehts zum Bericht) begleitet und leider seinen Weg nach Hause nie gefunden hat. Danke John für all die unvergesslichen Momente mit dir. Wie gerne hätten wir dir, wie abgemacht, unsere Berge gezeigt!

Leidbachhorn 31.12.2023

Statt der Schneemenge fehlt es dieses Jahr dafür an stabilen Schönwetterphasen. Wir nutzen die erstbeste Gelegenheit und touren zu der noch unbewarteten Kesch Hütte. Während am ersten Tourentag am Sertigpass und am Piz Murtelet perfekte Verhältnisse geherrscht haben, macht uns der starke Wind am zweiten Tag einen Strich durch die Rechnung und verhindert eine Besteigung des Piz Kesch. Wir müssen auf den etwas weniger spektakulären Kesch Pitschen (mit der dafür ziemlich guten Abfahrt) ausweichen. In der kommenden Nacht wütet der Wind weiter und und bietet uns am nächsten Tag ein desaströses Bild. Richtung Engadin sind die Flanken abgefegt und riesige Zastrugis behindern unsere Abfahrt vom Punkt 3040 erheblich. Das wars mit unserem Tourentag heute. Oder doch nicht? Wir beschliessen, anstelle einer Tour ins Engadin über den Scalettapass zurück ins Dischma zu fahren. Wie sich herausstellt, die richtige Routenwahl. Auf dem Scalettapass ist die Schneedecke nicht annähernd vom Wind bearbeitet und wir beschliessen sogar, das Scalettahorn anzuhängen. Bei der Nordabfahrt herrschen dann unerwartet perfekte Pulver Verhältnisse! Wer hätte das gedacht! Ein mehr als versöhnender Abschluss für einen etwas harzigen Tag. 

Bilder Mehrtagestour Keschhütte

Der Januar beschert uns nach dem vom Winde verwehten Ausflug in die Keschhütte trotzdem eine ziemlich stabile Lawinensituation und ermöglicht Touren, an die wir die letzten paar Jahre nicht zu denken gewagt haben. Leider steht diese Saison aber auch im Kennzeichen von viel zu warmen Temperaturen. Zudem ist der Schnee zu Beginn auf den noch viel zu warmen Boden gefallen. Als Folge davon sind viele Bäche nie zugefroren und Gleitschneerisse dominieren das Gesamtbild. Dieses Problem, vor allem aber die immer wieder zu warmen Temperaturen, werden uns den restlichen Winter begleiten

Bilder Touren Januar

Unsere zweite Hüttentour Ende Januar führt uns in die auch noch unbewartete Grialetschhütte. Trotz dem eher feuchten Niederschlag der vorangegangene Tage ist die Schneequalität in der Region viel besser als erwartet. Über das Leidhorn mit einer unverspurten Abfahrt in Traumschnee, erreichen wir die frisch renovierte Hütte. Im Frondiensteinsatz 2021 haben wir als Helfer beim Abriss des alten Winterraums mitgeholfen. Nun wollen wir herausfinden, ob uns der neue Winterraum genauso gut gefällt. Modern ist er, hat aber einiges an Gemütlichkeit und Funktionalität eingebüsst. Gerade mal eine einzige Pfanne ist vorhanden und etwas um die nassen Tourenfelle und die verschwitzten Innenschuhe aufzuhängen, fehlt leider komplett. Neuer ist eben nicht immer nur besser...Dafür sind die Schlafräume und die Toilette kaum zu toppen! Kein Vergleich zum miefenden Klo und den düsteren Räumen von vorher. 

Am zweiten Tourentag versuchen wir eine Variante am Piz Sarsura und fahren das unverspurte Südwest Coulouir bei bester Schneequalität. Dann ziehen wir über die Fuorcla Barlas-ch und über den Grialetsch Gletscher weiter zum Sarsura Pitschen. Die Abfahrt von dort wird jedoch nicht in die Geschichtsbücher eingehen... Es wird bereits dunkel als wir wieder bei der Hütte ankommen und wir sind dankbar, dass unsere beiden "Mitbewohner" den Ofen bereits eingefeuert haben und grosszügig ihren Tee mit uns teilen.

Bei einer Übernachtung in der Grialetschhütte sollte der Piz Grialetsch natürlich auch nicht fehlen! Mit Steigeisen und Pickel bewaffnet erklimmen wir tags darauf den wunderschönen Gipfel und geniessen die tolle Nordabfahrt bei perfektem Pulver. Als Finale und kleine Herausforderung für Tania besteigen wir am letzten Tag den Vadret Pitschen. Für einmal geht es geht besser als erwartet und auch die grösste Hürde, der Abstieg zu Fuss und nicht auf dem Snowboard, meistern wir problemlos. Den Weg zurück nach Hause führt uns erneut über das Scalettahorn. Diesesmal mit miserabler Sicht und mässiger Schneequalität... 

Bilder Mehrtagestour Grialetschhütte

Neben den vielen Standardtouren und Varianten bleiben uns im Februar aber vor allem die Monstertour mit Fleur von der Pischabergstation via Pischahorn und Rosstälispitz (mit First Lines und fantastischen Verhältnisse an den Nordcouloirs) aufs Roggenhorn und den mehr als 2300 Höhenmetern Aufstieg in Erinnerung respektive in den Beinen. Auch die unverspurte Nordabfahrt an der Medergenflue mit vorangegangener Nordabfahrt am Chörbschhorn und abschliessender Südostabfahrt vom Schwarzhorn mit perfekten Bedingungen und Pulver bis zur Stafelalp hat uns einiges an Kraft gekostet, war aber jeden einzelnen Schweisstropfen wert. Doch zu unserer grössten Herausforderung wird der Besuch von Tanias Bruder und Tanias Mama. Nach einem Tag Pistenskifahren, sind wir nämlich müder als nach jeder Skitour...

Bilder Touren Februar

Bilder Pischahorn-Rosstälispitz-Roggenhorn

Bilder Chörbschhorn-Medergenflue-Schwarzhorn

Leider bleibt es auch im Februar zu warm. Wir können uns nicht erinnern, jemals von Dezember bis April in Davos so viel Regen gesehen zu haben! Der Schnee wird im Tal regelrecht vom Regen gefressen. Den Rest erledigt dann die Sonne.  Auch wenn wir Regenbögen lieben, im Winter haben sie auf 1500m Höhe nichts zu suchen! Mit viel Glück gelingt es unserem Vermieter Sämi noch, mit dem restlichen Schnee vor dem Haus eine Schneebar für Tanias runden Geburtstag zu bauen. Das Gute an den viel zu hohen Temperaturen: Eine Outdoor Party ist auch für kälteempfindlichen Personen kein Problem... 

Bilder Geburtstag Tania

Im März plagt Joos eine Knieverletzung und er muss für 2 Wochen einen Gang herunterschalten. Darum feiern wir seinen Geburtstag im Iglu Dorf Parsenn und nicht wie geplant in einer Hütte. Extrem viel verpassen wir jedoch nicht. Trotz den erheblichen Niederschlägen, ist die Qualität der weissen Pracht eher mässig, denn pulvrig bleibt sie bei den hohen Temperauren nie allzu lange. Die Schneedecke wird bis weit oben durchfeuchtet und man muss für guten Schnee hoch hinaus und möglichst eine Abfahrt bis ganz ins Tal vermeiden. Darum startet der frisch genese Joos, mit seinen Buddies Marcel, Marc und Nici eine erfolgreiche Expedition von der Forno Hütte auf den Gipfel des Cima di Rosso mit einer geglückten Steilwandabfahrt an der dazugehörigen Nordwand. Ein Bubentraum geht in Erfüllung!

Bilder Geburtstag Joos

Bilder Cima di Rosso Tour 

Da der Süden im März generell mehr Schnee erhalten hat, versuchen wir eine Tour am Julierpass. Während die grosse Masse sich in einer Karawane im Gäsemarsch Richtung Piz Lagrev macht, touren wir hoch zum einsamen Piz de las Coluonnas. Die Abfahrt durchs unverspurte Nordcouloir mit perfekten Pulverschnee haben wir ganz für uns alleine. Es gibt ihn also doch noch, den richtig guten Schnee!

Bilder Piz de las Colounnas

Der März dümpelt dahin, die Temperaturen steigen weiter und wandeln den Schnee sofort in eine klebrige Masse um, die uns bei der Abfahrt fast die Schuhe auszieht. Die richtig guten Tage werden seltener, das Zwitschern der Vögeln und Tropfen des schmelzenden Schnees kündigen bereits das Ende des Winters an. Der Duft des Frühlings liegt in der Luft. Die Osterfeiertage Ende März sind dann auch noch vom Winde verweht und bringen Unmengen Saharastaub, der die Landschaft in ein mysteriöses gelbes Licht taucht und den Schnee weiter schmelzen lassen. 

Bilder Touren März

Kaum ist der April angebrochen, neigt sich die Saison im Skigebiet dem Ende zu. Eine Woche nach Ostern schliesst das Jakobshorn nach der legendären "Usufete" auf der Jatzhütte seine Pforten. Eine Woche später ist nach dem Waterslide Contest bei Iglu Dorf auch auf Parsenn Schluss. Aufgrund der aussergewöhnlichen hohen Temperaturen in Davos ist auch unsere Tourensaison langsam aber sicher beendet. Ein paar sulzige, manchmal auch eher bremsende Abfahrten liegen noch drin, doch das Mountainbike scheint uns bei den schon fast sommerlichen 18 Grad im Tal und nachts kaum mehr Minustemperaturen auf dem Berg momentan die bessere Option. Nach einer tollen sieben stündigen Abschiedstour auf das Scalettahorn mit Start um 5 Uhr morgens, packen auch wir unsere Wintersachen weg, brechen unsere Zelte in Davos wieder ab und starten in unser nächstes Abenteuer. 

Bilder Usufete Jakobshorn

Bilder Scalettahorn Abschiedstour

Was ziehen wir für ein Fazit aus unserem Winter zu Hause? Auch wenn wir eigentlich alles einmal anders geplant hatten, waren unsere "Ferien" zu Hause etwas vom Besten, was uns passieren konnte. Reisen nur zu zweit kann auf Dauer auch sehr herausfordernd sein und der Austausch mit Freunden und Familie haben wir oft vermisst und darum in den letzten Monaten umso mehr genossen. Wir haben es auch als recht entspannend empfunden, einen mehr oder weniger geregelten Tagesablauf zu haben und nicht jeden Tag aufs Neue entscheiden zu müssen, wo das Zelt aufgestellt wird. Denn auch wenn es auf der Welt noch so viel zu entdecken gibt, zu Hause ist es doch am Schönsten! Wir sind unendlich dankbar für die Zeit, die wir in diesem Paradies, das wir auch Heimat nennen dürfen, gemeinsam mit unseren Freunden und Familien verbringen konnten. Trotzdem zieht es uns wieder in die grosse weite Welt. Wir freuen uns auf neue Abenteuer und wissen, dass zu Hause der wohl schönste Flecken der Erde auf uns warten wird.

Wie es nun weitergeht, erzählen wir euch beim nächsten Mal

🖤the magic thing about home is that it feels good to leave and it feels even better to come back🖤

Dezember 2023 - April 2024

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Bruno (Montag, 13 Mai 2024 08:26)

    Genau das sage ich seit Jahrzehnten, zu Hause ist es immer am schönsten.
    Trotzdem wünsche ich Euch noch viele schöne Entdeckungen
    LG Bruno