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35. INDIEN: PADUM

Der Hauptort von der Region Zanskar lässt uns nicht so schnell weiterziehen. Wir treten hier wortwörtlich eine Reise in die Vergangenheit an. Mehr erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Wir werden von frischen Brotduft geweckt. Gleich neben dem Guesthouse befindet sich die Zanskar Modern Bakery Factory. Der Guesthousebesitzer betreibt nämlich neben der Unterkunft auch die Fabrik, einen Bäckereiladen und einen Eisenwarenladen. Ein echter Business Mann. Wir bekommen eine Führung durch die mehr oder weniger morderne Produktionsstätte.

Vielleicht war es der extra Boost Zucker der Leckereien aus der Bäckerei, der Joos wieder auf die Beine gebracht hat. Er fühlt sich zumindest besser und darum machen wir uns per Autostopp auf den Weg nach Sani. Dort findet das alljährliche Zanskar Festival statt, dass neben all den Einheimischen auch einige indische Touristen und vereinzelt ein Westler anlockt. 

Kaum kommen wir an, werden wir in eine andere Welt katapultiert. Fremde, wunderschöne Klänge dringen in unsere Ohren. Die Prayerflags, die das Festgelände schmücken wehen im Wind, eine goldene Buddhastatue glänzt in der Sonne. Es fühlt sich an wie eine Zeitreise zurück in die Epoche, als das Zanskar Tal noch komplett von der Aussenwelt abgeschnitten war. 

Traditionell gekleidetet Gruppen, (jedes Dorf/Region hat andere kunstvolle Kleider) führen Tänze und Lieder auf. Rotmützen und Gelbmützen (Anhänger des Dalai Lama) Mönche sitzen unter den Sonnensegel und lauschen gespannt den Darbietungen. Die Trommeln werden geschlagen, die Flöten geblasen. Die Melodien vom Wind in alle Richtungen getragen.

Bei den zahlreichen Zelten wird handgefertige Ware zum Kaufen angeboten. Gefilzte Stoffe, selbstgesponnene Wolle, Winterstiefel aus Yakfilz mit Yakledersohle, verschiedene Wollmützen, dicke Wollsocken und Handschuhe, wunderschöner Schmuck aus Türkis und edel verarbeiteteten Metall, kunstvolle detailbetonte Bilder... Die Zanskari scheren sich um die Marktstände, kaufen das, was sie brauchen. Und für uns gibt es das eine oder andere Souvenir...

Andere Zelte bieten traditionelles Zanskari Essen an, das dem tibetischen sehr ähnlich ist. Tsampa, gemahlenes Gerstenmehl, dass mit Wasser, gemahlenen Trockenerbsen und Salz zu Paa Paa (grosse, feuchte Klumpen) verabreitet wird. Gesalzener Butter Tea. Tupka, die traditionelle Suppe. Momos. Das Wasser läuft einem im Mund zusammen.

Es gibt auch Stationen, die vorführen, wie sie die Yak Wolle spinnen und anschliessend schöne Läufer weben. Bei den Zanskari ist diese Arbeit nicht nur Frauen vorenthalten. Auch Männer sitzen mit einer Spindel am Boden und vertreiben sich so die Zeit in den kalten Wintermonaten. Wir dürfen zusehen, wie die Gerste zwischen zwei Mühlsteinen zu feinem Tsampa gemahlen wird, wie sie die berühmte Yak Butter, die bis zum Bau der Strasse das wichtigste Handelsgut der Zanskari war und jeweils im Winter über den gefroreren Zanskar Fluss zu Fuss in einem gefährlichen Marsch nach Leh gebracht wurde, hergestellt wird. Das Yak war früher und ist auch heute das wichtigste Nutztier in Zanskar. Es liefert neben der Milch, die zu Butter und einem krümmeligen Käse verarbeitet wird, auch die Wolle und das Leder für Kleider, und den Dung, der getrocknet im Winter zum Heizen benutzt wird. Bäume gibt es nämlich hier auf der Hochebene fast keine. Nichts wird verschwendet. Wir sehen die in jedem Kloster wichtigen Butterlampen, riechen an den unterschiedlichsten Kräuter, die zum Räuchern benutzt werden. Die Welt der Zanskari ist fasznierend und durch viele Riten geprägt. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus!

In Sani befindet sich auch das Kloster Kanikha. Es zählt zu den heiligsten Stätten des Buddhismus im Himalaya und zu den Zentren, aus denen der Buddhismus in ganz Ladakh verbreitet wurde. Wir besuchen das Kloster, dessen wunderschöne Holzkonstruktionen und bunten Verzierungen uns verzaubern. Butterlampen brennen auf dem Altar, Opfergaben werden dargebracht (unter anderem Chips, Bier und Schleckzeug...) und das Flüstern der 108 mal retizierten Mantras hallt durch den Raum. Ein Ort zum Innehalten. Ein Ort der Ruhe und Andacht.

Der Buddhismus ist hochkomplex und wir verstehen längst nicht alles. Die Rituale und Regeln, die Klosterhierarchie. Es gibt noch viel zu lernen! Zusätzlich verwirrend ist die Tatsache, dass in der Region um Padum eigentlich hauptsächlich Muslime leben. Täglich hört man den Muezzin singen. Trotzdem haben einige buddhistische Klöster und die buddhistische Rituale hier überlebt und werden weiterhing gepflogen. Die Glaubensgrenze im Bundesstaat Jammu/Kashmir zwischen Buddhismus/Islam befindet sich nämlich etwas östlich von Kargil. Und der Konflikt zwischen den Religionen und damit zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan blüht jeweils von Zeit zu Zeit neu auf. Zankapfel Kashmir... Die Islamisten wollen lieber zu Pakistan gehören, die anderen zu Indien und noch andere wünschen sich die Unabhängigkeit. Eine Einigung scheint weit weg.

Voller unsagbar schönen Eindrücken machen wir uns auf den Weg zurück nach Padum. Ein Truck nimmt uns mit. Auch hier sind sie, wie in Pakistan, aussen und innen bunt verziert. Und die Truckfahrer derselbe offene und kommunikationsfreudig Schlag Mensch. 

Weder Joos noch Tania fühlen sich nach diesem kulturellen Highlight fähig, weiterzuziehen. Unsere Körper brauchen nochmals eine Portion Extraruhe, bevor wir uns wieder in die Sättel schwingen können. Nach dem Festival kehrt Padum in seinen vorwinterlichen Schlaf zurück. Die angereisten Artisten und ihre Familien sind weg, die Touristen weitergezogen. Wir geniessen das durch unsere Bäckerei versüsste Nichtstun und die einsame Aussicht von der Gompa über den Dächern Padums.

 

 

Welche Herausforderungen nach Padum auf uns warten, erfahrt ihr in unserem nächsten Beitrag.

Reisedaten  13.9-16.9.2024

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